Neue Musikzeitung
Ausgabe März 2015

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Musikalische Erkenntnis ohne pädagogischen Zeigefinger präsentiert

Szenisches Konzert der Streicherakademie Hannover

Hannover. Was hält Musik in ihrem Inneren zusammen, was ist am wichtigsten: Melodie, Harmonie oder Rhythmus? Um diese Fragen ging es in dem von Marie-Luise Jauch entwickelten szenischen Konzert der Streicherakademie Hannover, das Ende November an drei unterschiedlichen Konzertorten in der Landeshauptstadt stattfand. Jedes der genannten Elemente der Musik wird von einem Schauspieler verkörpert. Melodie (Eva Scharpenberg), Rhythmus (Georg Luibl) und Harmonie (Markus Posse) präsentieren den Zuhörern ihre jeweiligen Vorzüge durch Musik von Vivaldi über Chopin bis Gershwin. Begleitet werden sie dabei von den hervorragenden Ensembles der Streicherakademie, die ihre Stücke nicht nur zu weiten Teilen auswendig spielen können, sondern auch einen satten Streicherton hören lassen, der (gerade bei Anfängern) außergewöhnlich ist.

Marie-Luise Jauch und Ulrich Roscher, Foto: Karin Martensen

Dennoch können auch sie Melodie, Harmonie und Rhythmus nicht miteinander versöhnen. „Dann gibt es eben Krieg!“ So kommt es zum ,Kampf der musikalischen Elemente' („La folle battaglia”), einem eigens für das Projekt komponiertes neues Werk von Ulrich Roscher. Es basiert auf Arcangelo Corellis Variationen über ,La Follia? und wurde von Roscher in leicht zu lernenden Spielabschnitten (Patterns) für das szenische Auswendigspielen eingerichtet. Melodie, Harmonie und Rhythmus werden nunmehr auch von Orchesterinstrumenten (Streicher und Rhythmusgruppe) sowie einem Kinderchor (Einstudierung: Jelena Agbaba und Michael Adleff) verkörpert, deren Spieler nach einem in der Partitur festgelegten Plan durch den Raum wandern. Dabei verschieben sich die Patterns im Laufe des Stückes immer dissonanter gegeneinander, so dass sehr ohrenfällig ein ,Krieg der Elemente' entsteht. Dieser kann nur durch ein plötzliches Erlöschen des Lichts auf der Bühne beendet werden. Aber wie sollen sich die Elemente nun versöhnen? Dies wird in die Hände der Kinder gelegt: Statt der erwachsenen Schauspieler stehen nun Kinder mit Streichinstrumenten in denselben Kostümen auf der Bühne. Gemeinsam mit einem kleinen Mädchen singen und spielen sie eine von Marie-Luise Jauch eingerichtete Variation des Liedes „Es waren zwei/drei Königskinder“ – die hier nach langem Streit erkennen, dass sie eigentlich Geschwister sind.

linkes Bild: „Dann gibt es eben Krieg“: Rhythmus (Georg Luibl), Melodie (Eva Scharpenberg) und Harmonie (Markus Posse) geraten sich in die Haare,
rechtes Bild: Die kleinen und großen Hauptdarsteller von „La folle battaglia” sowie der Komponist Ulrich Roscher, Fotos: Karin Martensen

„La folle battaglia” in seiner szenischen Gesamtheit dient daher nicht nur der Präsentation des in-strumentalen Fortschritts der SchülerInnen der Streicherakademie. Es geht auch darum, die Parame-ter des miteinander Musikmachens herauszuarbeiten, den Schülern und Hörern plastisch vor Augen und Ohren zu führen. Auf spielerische und zugleich anspruchsvolle Weise wird so musikalische Er-kenntnis ohne pädagogischen Zeigefinger präsentiert. Dem dient auch die genannte neue Komposi-tion Roschers: „Ich möchte Musik schreiben, die viele Menschen aufführen können und gerne auf-führen wollen“, sagt der Komponist. Wie man an den vielen strahlenden Kindergesichtern (und den stolzen Eltern) sehen konnte, haben Roscher und Jauch mit dieser Zielsetzung einen herausragenden Erfolg erzielt.
Karin Martensen (mar)

Die Erweckung eines schlummernden Klaviers

Tag der Hausmusik wird musikalisch neu belebt

Braunschweig. Am Tag der niedersächsischen Hausmusik fanden viele Konzerte statt, die diesmal nicht im gewohnten Konzertsaal, sondern in privaten Wohnzimmern stattfanden. Diese Konzertreihe war ein Teil der Kampagne „Heimvorteil“, die vom Musikland Niedersachsen ins Leben gerufen wurde. Am 22.11.2014 wurde daher durch die Initiative des DTKV Braunschweig und des Vereins KinderKlassik.com auch in Braunschweig ein solches Hauskonzert veranstaltet.
Wenn man das eigene Wohnzimmer für ein Konzert zur Verfügung stellt, kann das nur aus Liebe zur Musik geschehen. Diese inspirierte auch den DTKV Braunschweig, den Verein KinderKlassik.com und eine Braunschweigerin, Frau Dr. Ilse Goeze, zu einer Zusammenarbeit, um deren seit mehreren Jahren verstummten Bechstein-Flügel von jungen Musikern aus dem Dornröschenschlaf erwecken zu lassen. Die neugierigen Zuhörer saßen um den Flügel herum bei gedämmten Licht auf diversen Stühlen aus dem Hausbestand und auf Wohnzimmersofas. Ein kleines Mädchen kam schüchtern auf den noch verschlossenen Flügel zu, machte den Deckel auf und ließ ihre Hände prüfend über die Tasten gleiten. Mit Freude stellte sie fest, dass der Flügel „lebt“! Sie setzte sich sogleich an den Flügel, die Füße baumelten in der Luft und es erklang ein belebender Boogie. Ein großartiger Auftakt. Weiter auf dem Programm standen Stücke von Debussy, Beethoven, Brahms, Chopin, Grieg und C. J. Keller. Es gab Klavier solo, Duette aus Geige und Klavier, Querflöte und Klavier, sowie vierhändiges Klavierspiel. Der besondere, etwas gedämpfte Klang des Flügels muss sich etwa so angehört haben wie zu Zeiten, als Chopin selbst seine Etüden in privaten Salons der Pariser Gesellschaft vortrug. Eine Zuhörerin nannte den Flügel „ein betagtes, altes Schmuckstück“ mit einem passenden, knarrenden Klavierhocker dazu.
Dieses besondere Wohnzimmerkonzert ermutigt zu einer Fortsetzung. Denn die Musik gehört nicht nur in den Konzertsaal, sondern die Vielfalt der heutigen Spielorte (Schafstall, Rollbahn eines Flughafens oder Tiefgarage) beweisen, dass sie bestens auch in den traditionsreichsten Spielort, das Wohnzimmer, passt, wo wieder andere, neue Zuhörerkonstellationen entstehen.
Der Braunschweiger Bechstein-Flügel war einst ein Geschenk aus Liebe an einen nun verstorbenen Ehemann, der sein Leben lang ein leidenschaftlicher Klavierspieler war. Nun erklang wieder Musik im Hause Goeze. In jedem Instrument steckt also eine Geschichte, die es zu entdecken gilt. Den jungen Künstlerinnen und Künstlern ist es gelungen, mit ihrer Liebe zur Musik den schlummernden Flügel aus dem Schlaf zu erwecken.
Claudia Bigos (bica)

Geschwister im Duett, Foto: Claudia Bigos


Gesprächskonzert

Oldenburg. Anlässlich des 100. Todestages von Alexander Nikolajewitsch Skrjabin (geb.1872) beginnt am Freitag, den 13. März 2015, um 19.30 Uhr in der Aula des Alten Gymnasiums, Theaterwall 11, ein Gesprächskonzert mit Klaviermusik unter der Überschrift "Von der Zauberkraft himmlischer Harmonie". Christoph Keller am Klavier hat auch die Moderation übernommen. Der Eintritt ist frei.

Der russische Pianist, Komponist und Klavierprofessor am Moskauer Konservatorium (1898 bis 1903) lebte und wirkte auch in Schweiz, Belgien, Italien, Frankreich, England und den USA. ¦
Gunter Sokolowsky ()gs)



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