Neue Musikzeitung
Ausgabe September 2015

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Musik an zwei Flügeln als farbenreiches Kaleidoskop

Erfolgreiches Zusammenspiel von DTKV und Musikschule Oldenburg.

Dass Musik an zwei Flügeln, mal vierhändig, mal achthändig präsentiert, ein farbenreiches Ka-leidoskop an Ausdruckmöglichkeiten darstellen kann, bewiesen neun Pianistinnen und Pianisten mit der Auswahl ihrer Stücke im Konzert „ZusammenSpiel“ am 21. Juni im Kulturzent-rum PFL Oldenburg.
„Nach der ´Langen Nacht der Musik´ gibt es keinen besseren Beginn dieses Konzerts als Griegs ´Morgenstimmung´“, begrüßt Musikschulleiter Holger Denckmann die Gäste nach dem ersten Werk und erntet wissendes Schmunzeln, ist doch das opulente musikalische Angebot des vorhergehenden Abends in Oldenburg und Umgebung seit Jahren ein Magnet.
Griegs „Morgenstimmung“ aus der Suite op. 46 zaubert auch an zwei Flügeln eine romantische At-mosphäre, während „Display II, Portrait of Mozart for 2 pianos 8 hands“, eine Komposition des Esten Raimo Kangro, eine eigenwillige Ausdeutung des Klassikers ist. Über dem motorischen Eingangs-Ostinato entfalten Christiane Abt, Ruth Ense, Gabriele Hoelt-zenbein und Ronald Poelman schnelle Staccato-Läufe, setzen in der gewählten Sonatenhauptsatzform dyna-mische Akzente, die Eleganz, Brillanz und Architektur des Mozartischen Klavierwerks spotartig beleuchten und in überraschend „klassischem“ Schluss münden.
Gabriele Hoeltzenbein und Ronald Poelman zünden in der Transkription von Poulencs Konzert für zwei Kla-viere und Orchester d-Moll ein sprühendes Feuerwerk an Leichtigkeit, intelligentem Witz und Übermut. Chanson, Varieté, der Jargon der Straße, ja so-gar ein Gamelan-Orchester gestalten den köstlichem Spaß, in dem auch brillante Analogien ihren Platz ha-ben, etwa das lyrische Thema à la Mozart im Larghet-to. Bravourös nehmen Hoeltzenbein und Poelman Poulencs parodierendes Spiel mit traditionellen Formen und Figuren auf, sind ganz in der Musik und bei sich, die Zuhörer spüren unmittelbar die liebevolle Inten-sität ihres Spiels.
Christoph Kellers „Memento mori“ für zwei Klaviere zu vier Händen, das er zusammen mit Dorit Kohne spielt, beschäftigt sich mit den Themen Geburt und Tod, Übergang und Verwandlung, wie Kel-ler einleitend erläutert. Zitate aus Mozarts Requiem werden in der Komposition kunstvoll miteinander verfloch-ten. So steht das gregorianische „Dies irae“ mal im Kontrapunkt zum „Lacrimosa“, mal zur Kyrie-Fuge. Bekannte Harmonien erweitern sich zu neuen Klangdimensionen, die Bitte um Erbarmen wird aufgesplit-tert, regelrecht atomisiert – ein Spiegel der unmensch-lich gewordenen Gegenwart. Der tröstlich anmutende Schluss bekennt sich zur Verwandlung irdischen Seins in ei-nen Zustand der Erlösung. Das lange Schweigen des Publikums nach dem Verklingen des letzten Akkords signali-siert, dass Kellers Botschaft verstanden wurde. Schließlich verraten wippende Füße im Publikum und der lange Applaus nach Moszkowskis „Spanischen Tänzen“ op.12, gespielt von Ruth Ense, Gerke Jürgens, Christel Kelemen und Adrian Rusnak, dass das „ZusammenSpiel“ an zwei Flügeln, egal ob vier- oder achthändig, zweifellos seinen eigenen, überzeugenden Charakter hat. ◾ Rainer Ehmanns

Beispielhafte Einblicke in das Manuskripte-Archiv

DTKV Konzert macht Musik unserer Zeit erfahrbar

Oldenburg. 2600 ungedruckte Originalkompositionen von 130 zeitgenössischen Künstlern, die dem Deutschen Tonkünstlerverband angehören, umfasst das Manuskriptarchiv des DTKV, das von Jost Nickel und seiner Frau Ursula Keusen-Nickel betreut wird. Seit nunmehr 35 Jahren wird Musik unserer Zeit hier gesammelt, zugänglich gemacht, verbreitet, und schlichtweg erfahrbar gemacht.
Einen beispielhaften Einblick in das Archiv konnten die Besucher des Konzerts am 13. Juni im Alten Gymnasium Oldenburg erhalten. Dass mit Christoph J. Keller, Ursula Keusen-Nickel und Jost Nickel auch Komponisten selbst vor Ort waren, Erklärungen zu den Werken abgaben und die Werke (mit-)interpretierten, verlieh dem Konzert eine ganz eigene Dimension von Erfahrbarkeit zeitgenössischer Musik.
Die Weite gegenwärtigen kompositorischen Schaffens zeigte sich hier, darauf machte auch Komponist Christoph J. Keller eingangs aufmerksam und verwies auf die so „unterschiedlichen kompositorischen Stile“, die die Programmauswahl widerspiegelte. Mit einer Suite im alten Stil für drei Violoncelli (2014) von Keusen-Nickel (ausdrucksstark von der Komponistin, Senja Konttori und Norbert Körner interpretiert) und Drei Querflötenduetten (1992) von Ursula Görsch (gespielt von Irmgard Asiomont und Jost Nickel) wurde das Konzert eröffnet. Auf je unterschiedliche Weise schlagen beide Werke eine Brücke – von der Neuen zur barocken Musik, wobei sich die Richtung hörbar unterscheidet: Während Keusen-Nickel die barocke Suite nachbaut, alte und neue Stilmittel gegeneinander stellt und miteinander verwebt, ist Görschs Komposition hörbar leichter an die barocke Form angelehnt.
Einen ganz anderen Ausdruck haben die Werke Violeta Dinescus. Vor allem in „Narigueras“ (1994) für Violoncello (Keusen-Nickel) und Flöte (Nickel) kann man hören, mit welchem Nachdruck die Komponistin das Klangpotenzial der Instrumente immer weiter auskostet. Charakteristisch für Kellers Kompositionen scheint daneben die Verbindung von Schlichtheit mit größter Komplexität zu sein; ob in den „Sechs Interludes“ (2004) für Klavier und Cello (Keller/Körner), den „Poème, Pentharmonie, Perpetuo Blusino“ (1991) für Querflöte und Klavier (Nickel/Gotthard Kladetzky) oder der „Meditation“ (2000) für Querflöte und Akkordeon (Nickel/Ute Pukropski).
Das aktuellste Werk präsentierte Jost Nickel: Seine „Clusterspiele“ (2015) für beliebige Instrumente auf der Grundlage der Zwölftonfolge einer alten, 1928 ausgegrabenen Panflöte wurden von Asiomont, Elisabeth Lewin (Querflöte), Körner und Konttori samt einiger Schüler von ihnen uraufgeführt. Erarbeitet wurde das Werk am Vormittag vor dem Konzert mit den Schülern und dabei, so Nickel schmunzelnd, auch erst wenige Stunden vor dem Konzert fertiggestellt.
1991 bis 2015 – keine 25 Jahre Musikgeschichte liegen zwischen dem ältesten und dem jüngsten Werk und doch wurde nach spätestens zwei Stunden sichtbar, wie groß die Spanne der Musik unserer Zeit ist, was für eine kompositorische Weite sich hier findet. ◾ Annkatrin Babbe


Landesdelegierten-Tagung

Hannover. Der Landesvorstand hat zur diesjährigen Landesdelegiertentagung eingeladen. Diese findet am Samstag, 19.09.2015, zwischen 10.30 Uhr und 15.30 Uhr, wie im vergangenen Jahr im Gemeindesaal der Gartenkirche St. Marien, Mari-enstraße 35, statt. Auf der Tagesordnung steht auch die Wahl eines neuen Vorstandes sowie eine angedachte, notwendige Satzungsänderung. Bitte in-formieren Sie sich in der Ihnen termingerecht zugegangenen Einladung. Herr Rechts-anwalt Dr. Dirk Mahne wird uns über das Thema Umstrukturierung informie-ren.
Jedes Mitglied ist teilnahmeberechtigt, stimmberechtigt sind nur die gewählten Delegierten der Bezirke. Stimmübertragungen sind möglich. Anträge zur Tagesordnung senden Sie bitte bis zum 12. 09.15 an die Geschäftsstelle. ◾ Gunter Sokolowsky


Vorschau

„Mit Hirn ans Klavier“

Braunschweig. Das „Braunschweiger Klavierpodium“ als traditioneller Fortbildungskurs des Landes-verbandes findet am bewährten Veranstaltungsort Klavierfabrik Grotrian-Steinweg, Grotrian-Steinwegstraße 2 in Braunschweig, am Samstag, 07.11.2015, zwischen 10 Uhr und 18 Uhr, satt.
Als Dozenten konnten Dr. Marc Bangert und Prof. Joachim Rieke gewonnen werden. Anmeldeschluss ist Sonntag, 01. 11. 2015. Wir berichten noch ausführlicher darüber. Informationen finden Interessierte auf unserer Internetseite. ◾ Gunter Sokolowsky




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